Immer mehr Babys kommen per Kaiserschnitt zur Welt. Die Anzahl der Eingriffe hat sich im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2015 weltweit beinahe verdoppelt – von 12 auf 21 Prozent. Das berichten Forscher in einer dreiteiligen Artikelserie im Fachblatt „The Lancet“.
Von Land zu Land zeigen sich große Unterschiede: In Ländern und Regionen mit geringem Einkommen wird ein Kaiserschnitt vergleichsweise selten vorgenommen. In vielen Ländern mit höherem Einkommen wird die Operation dagegen übermäßig oft eingesetzt. Deutschland liegt bei der Kaiserschnitt-Rate über dem Durchschnitt. Im Jahr 2015 wurde hierzulande nahezu jedes dritte Kind per Kaiserschnitt geholt (30 Prozent).
Hebamme Artikel 21.10Auch in Nord-Amerika (32 Prozent), West-Europa (26,9 Prozent) und in Lateinamerika (44,3 Prozent) werden überdurchschnittlich oft Kaiserschnitte vorgenommen.
Schätzungen zufolge liegt der Anteil medizinisch notwendiger Kaiserschnitte bei 10 bis 15 Prozent aller Geburten – und damit deutlich unter der aktuellen Rate von 21 Prozent. Die Schätzung von 10 bis 15 Prozent ist nicht unumstritten, da die Gegebenheiten von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen – etwa was die medizinische Versorgung oder das Alter der Mütter betrifft. Eine späte Mutterschaft erhöht das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft. So steigt etwa das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes. In Deutschland bekommen Frauen das erste Kind im Schnitt mit etwa 29,6 Jahren. Das zweite folgt in einem Alter von 31,8 Jahren.
Kaiserschnitt – ein Lebensretter
In kritischen Situationen, kann ein Kaiserschnitt das Leben von Mutter und Kind retten. Mögliche Gründe für den Eingriff sind unter anderem eine Querlage des Kindes, ein drohender Gebärmutterriss, eine Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff oder schwere Formen einer Schwangerschaftsvergiftung. Auch ein zu großes Kind kann einen Kaiserschnitt zur Folge haben.
Manche werdende Mutter entscheidet sich jedoch auch aus anderen Gründen für einen Kaiserschnitt – etwa weil sie Angst vor den Geburtsschmerzen hat oder sich vor möglichen Spätschäden nach einer Geburt wie Inkontinenz fürchtet.
Verfügbarkeit in armen Ländern erhöhen
Die Studienautorin und belgische Gynäkologin Marleen Temmermann bezeichnet den Anstieg der Kaiserschnitt-Rate als „besorgniserregend“. „Kaiserschnitte können Komplikationen und Nebenwirkungen für Mütter und Babies nach sich ziehen und wir fordern Mediziner, Krankenhäuser, Kostenträger, Frauen und Familien deshalb dazu auf, nur dann zu intervenieren, wenn es medizinisch notwendig ist.“ Gleichzeitig müsse die Verfügbarkeit in ärmeren Ländern erhöht werden, sodass bei Komplikationen schnell gehandelt werden könne.
Die Untersuchung basiert auf Datensätzen der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Kinderhilfswerks Unicef. Das Forscherteam wertete Geburtsstatistiken aus insgesamt 169 Ländern aus.
Quelle: Stern.de