20 Tote in Schweizer Alpen: Ju-52-Unglück: Der Absturz bleibt ein Rätsel

Einmal im Leben mit einem fliegenden Oldtimer unterwegs sein und erleben, wie sich Flugreisen vor Jahrzehnten anfühlten. Diesen Wunsch haben viele. Doch es gibt nur noch wenige Maschinen vom Typ Ju 52, DC-3 oder Lockheed Super Constellation, die noch in einem flugfähigen Zustand sind und noch weniger Veranstalter, die diese Reise anbieten.

Zu den erfahrensten Betreibern alter Propellerflugzeuge in Europa gehört die Ju-Air. Der Schweizer Verein mit Sitz am Flugplatz Dübendorf im Bezirk Uster des Kantons Zürich wurde 1982 gegründet, als die Schweizer Luftwaffe drei Flugzeuge vom Typ Ju 52 ausmusterte.Ju52-3mal

Durch Spendengelder und der Hilfe unzähliger Ehrenamtlicher können die Oldtimer für Rund- und Streckenflüge mit Passagieren genutzt werden. Nicht nur in der Schweiz und im europäischen Ausland sind die „Tante Ju“ genannten Flugzeuge unterwegs. Eine von ihnen absolvierte im Jahr 2000 sogar eine Weltreise.

Ausflug in den Kanton Tessin

Die letzte Reise der 1939 gebauten JU 52 mit der Kennung HB-HOT ging am vergangenen Freitag zunächst von Dübendorf nach Locarno im Tessin. Dabei handelte es sich nicht um einen Streckenflug, wie er bei der JU 52 der Lufthansa Berlin-Stiftung gebucht werden kann, sondern um eine zweitägige Pauschalreise inklusive Unterkunft in einem „Nobelhotel in Lugano“, wie die Tageszeitung „Blick“ berichtet, inklusive Rahmenprogramm mit einem Abstecher nach Italien zum Restaurant Grotto Fassati. Am Samstagmorgen gab es einen Schiffsausflug auf dem Luganersee zum italienischen Ufer nach Porlezza.

KLM-DC3 11.31Die 17-köpfige Reisegruppe setzte sich überwiegend aus Paaren „aus den Kantonen Zürich, Thurgau, Luzern, Schwyz, Zug und Waadt sowie einer Familie mit Sohn aus Niederösterreich“ zusammen, die pro Person für den zweitägigen Trip 1130 Schweizer Franken gezahlt hatten – umgerechnet ca. 1000 Euro.

Sehr erfahrene Crew

Am Samstagnachmittag fahren alle zurück zum Flughafen Locarno. Gegen 16.10 Uhr hebt die Ju 52 ab mit dem Ziel Dübendorf ab. Im Cockpit sitzen zwei Piloten. Der erste Kapitän ist 62 Jahre alt. „Er flog mehr als 30 Jahre bei Swissair und Swiss, zuletzt als Kapitän auf Airbus A330 und A340“, sagte am Sonntag Kurt Waldmeier, der Mitbegründer von Ju-Air, auf einer Pressekonferenz. „Er hatte auf dem Muster bereits 943 Flugstunden und war damit einer der erfahrenen Piloten der Ju-Air“.

Der zweite Kapitän im Alter von 63 Jahren verfügte über 30 Jahre Erfahrung als Linienpilot bei den Fluggesellschaften Swissair, Swiss und Edelweiss ebenfalls mit einer A330/A340-Lizenz und 297 Stunden auf der Ju 52. Drittes Crew-Mitglied ist die 66 Jahre alte Flugbegleiterin mit 40 Jahren Erfahrung, die seit 16 Jahren an Bord der Oldtimer mitflog.

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„Die Piloten der Ju 52 fliegen nach Sicht. Das heißt, sie navigieren nach Karten und halten vorgeschriebene Mindestflughöhen und Abstände von Wolken ein“, heißt es später in einer Medienmitteilung. „Die Route jedes Fluges wird vorher durch die Piloten geplant. Dabei spielen Wetter, Winde, Temperaturen und das Gewicht der Maschine eine Rolle. Wenn es die Bedingungen erfordern, wird der Flugweg angepasst, zum Beispiel, um Wolken auszuweichen.“

Dann zerschellt das dreimotorige Flugzeug gegen 16.50 Uhr an der Westflanke Piz Segnas. Nahezu senkrecht sei die Maschine mit hoher Geschwindigkeit auf dem Boden geprallt.161007_Junkers_F13 11.02

„Der schwerste Tag der 36-jährigen Geschichte der Ju-Air“

Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) hat die Untersuchungen übernommen. Da es in der 79 Jahre alten Maschine keine Flugschreiber gab, lässt sich das Geschehen nur an den Wrackspuren und durch Augenzeugen rekonstruieren. Genaue Angaben wurden von der Kantonspolizei noch nicht gemacht, da die Personen noch befragt werden. Die Bergregion ist bei Wanderern beliebt, und das Gebiet wurde wegen des Wracks vorläufig gesperrt.

FieselerStorch 7.15hDie Ursachen für den Absturz bleiben auch zwei Tage nach dem Unglück völlig unklar. Es gibt keine Anzeichen für eine Kollision. Ein Feuer an Bord war nicht ausgebrochen, auch hat das Flugzeug keine Teile verloren. Die Piloten hatten auch kein Notsignal abgesetzt. Das Alter der zuletzt im Juli gewarteten Maschine oder die hochsommerlichen Temperaturen kommen als einzige Ursache, wie in Medien vorschnell spekuliert wurde, ebenfalls nicht in Betracht.

„Der gestrige Tag ist der schwerste Tag der 36-jährigen Geschichte der Ju-Air“, sagte Kurt Waldmeier am Sonntag auf einer in Flims einberufenen Pressekonferenz. „Wir alle haben einen sehr großen Verlust erlitten.“

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