Ernährung: „Pures Gift“ oder Gesundmacher? Das müssen Sie über Kokosöl wissen

Ist Kokosöl Freund oder Feind? Über kein anderes Ernährungsthema wird aktuell leidenschaftlicher gestritten als über die gesundheitlichen Vor- beziehungsweise Nachteile von Kokosfett. Der Grund für die Debatte: Die frühere Harvard-Professorin Karin Michels bezeichnete das Fett in einer Vorlesung über Superfoods als „Gift“. Das Video ging viral, Medien weltweit berichteten über die drastische Aussage der scheinbar renommierten Expertin. Michels forscht derzeit am Universitätsklinikum Freiburg.

Was viele Menschen nicht wissen: Die Professorin hat sich mittlerweile von dem Zitat distanziert. Die Aussage ‚Kokosöl ist das reine Gift‘ sei „pointiert und zugespitzt“, heißt es in einer Mitteilung des Klinikums. „Frau Prof. Michels Absicht war nicht, Menschen zu verunsichern, sondern zu informieren. Für die unglückliche Wortwahl möchte sie sich an dieser Stelle entschuldigen.“

Tatsächlich ist der Standpunkt der Professorin sehr drastisch. Andere Ernährungsexperten bewerten das Fett wesentlich differenzierter . Ein endgültige Bewertung ist allerdings schwer zu treffen, da kaum Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Kokosöl existieren. Dennoch scheint Kokosöl gewisse Vor- beziehungsweise Nachteile zu haben. Die wesentlichen Infos auf einen Blick:

Nachteil: Kokosöl enthält kaum Vitamine

Ein Vitaminwunder ist Kokosöl – anders als oft behauptet wird – nicht. Insbesondere das industriell aufbereitete Kokosplattenfett, das häufig zum Braten verwendet wird, enthält kaum noch nennenswerte Nährstoffe. Auf 100 Gramm kommen gerade einmal ein Milligramm Kalzium und etwas Vitamin E. Zum Vergleich: In derselben Menge Butter stecken 13 Milligramm Kalzium, Magnesium, Eisen und zahlreiche Carotinoide.

Nachteil: Die Zusammensetzung der Fettsäuren

Kokosöl 13.13Pflanzenfette bestehen in der Regel überwiegend aus ungesättigten Fettsäuren. Nicht so das Kokosöl: Es enthält zu über 90 Prozent gesättigte Fette, wie sie auch in tierischen Produkten stecken. Diese galten lange Zeit als Risikofaktor für Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Zwar ist mittlerweile umstritten, wie schädlich gesättigte Fettsäuren tatsächlich sind. Doch Ernährungsgesellschaften raten dazu, vor allem pflanzliche Fette mit ungesättigten Fettsäuren zu wählen – etwa Rapsöl

Diese Meinung teilt auch die Verbraucherzentrale Bayern: „Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten.“

Nachteil: Kokosfett ist schlecht für die Umwelt

Kokospalmen wachsen in tropischen Gebieten. Eines der Hauptanbaugebiete sind die Philippinen. Wenn das weiße Fett in Deutschland ankommt, hat es bereits Tausende Kilometer Transportweg hinter sich gebracht – entsprechend schlecht ist die Umweltbilanz.

Nach Angaben des „WWF“ werden Kokospalmen zwar in „überwiegend sehr kleinbäuerlichen Strukturen“ angebaut. Entsprechend gering dürfte der Einsatz von Pestiziden und synthetischem Dünger ausfallen. Allerdings leben geschätzte 60 Prozent der Kokosbauern auf den Philippinen unter der Armutsgrenze. Hier braucht es dringend unterstützende Maßnahmen, so der „WWF“.

Möglicher Vorteil: Kokosöl setzt nicht so schnell an

In Kokosöl stecken Fettsäuren mittlerer Kettenlänge (medium chain triglycerides; mittelkettige Triglyceride), sogenannte MCT. Im Gegensatz zu langkettigen Fettsäuren besitzen sie einige Besonderheiten: Der Körper spaltet sie rasch auf, transportiert sie zur Leber und baut sie zügig ab. Zudem sollen sie den Energieverbrauch des Körpers erhöhen. Fettsäuren mittlerer Kettenlänge sind in nur wenigen Produkten enthalten. Neben Kokosöl stecken sie in Butter und Palmöl.

In kleineren Studien konnte ein positiver Effekt durch MCT nachgewiesen werden: Wissenschaftler tauschten übliches Fett durch mittelkettige Fettsäuren aus und beobachteten, wie sich das auf das Gewicht der Probanden auswirkte. Tatsächlich nahmen die Studienteilnehmer ab, ihr Körperfettanteil verringerte sich.

Ist damit bewiesen, dass sich mit Kokosöl abnehmen lässt? Leider nicht. Kritiker bemängeln, dass für die Studien speziell hergestellte Öle aus 100 Prozent mittelkettiger Fettsäuren verwendet wurden – nicht Kokosöl. Es handle sich deshalb um ein anderes Produkt, die Wirkung sei nicht übertragbar Außerdem seien nur kurzfristige Auswirkungen untersucht worden. Ob und wie sich MCT langfristig auf das Gewicht auswirken, bleibt unklar. Superfoods FS_9.30

Möglicher Vorteil: Laurinsäure sorgt für mehr gutes Cholesterin

Kokosöl enthält Laurinsäure, eine gesättigte mittelkettige Fettsäure. Sie scheint die Konzentration des gefäßschützenden HDL-Cholesterins im Blut zu erhöhen. Ein endgültiger Beweis für diese gesundheitsfördernde Eigenschaft steht aber noch aus. Auch ist unklar, ob und wie dieser Effekt vor Herz-Kreislauf-Krankheiten schützt.

Fazit

Aus gesundheitlicher Sicht ist Kokosöl weder besonders gut, noch besonders schlecht. Einige allgemeine Aussagen lassen sich aber treffen: 

  • Aus Umweltgründen sollte besser auf Kokosöl verzichtet werden. Heimische Öle haben kürzere Transportwege hinter sich.
  • Aus gesundheitlicher Sicht sind Raps-, Walnuss- und Olivenöl empfehlenswerter. Sie enthalten wertvolle einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Außerdem sind die Öle im Vergleich zu Kokosöl günstiger.
  • In Maßen ist Kokosöl Bestandteil einer gesunden Ernährung und trägt zum typischen Geschmack asiatischer Gerichte bei. Dann aber am besten zu naturbelassenem, nativem Kokosöl in Bio-Qualität greifen und auf industriell verarbeitetes Kokosfett weitgehend verzichten.Superfood 22.00