Patient mit Hohlraum im Kopf: Der Mann, der scheinbar einen Teil seines Gehirns verlor

Der Patient ist mit 84 Jahren nicht mehr der jüngste. Seinem Alter entsprechend hat der Mann mit Gleichgewichtsstörungen zu kämpfen – einem häufigen Problem älterer Menschen. In den letzten Wochen war der Patient jedoch auffallend oft gestürzt. Außerdem klagte er über ein Schwächegefühl in der linken Körperhälfte, das seit drei Tagen anhielt. Finlay Brown, der Hausarzt des Mannes, fürchtete deshalb, sein Patient könne einen Schlaganfall erlitten haben. Er schickte ihn zur weiteren Abklärung in die Notaufnahme eines Krankenhauses in Coleraine, Nordirland.

Skurriler Fall der Medizin: Hohlraum im Schädel

Dort machen die Ärzte einen überraschenden Fund: Auf CT-Aufnahmen entdecken sie einen Hohlraum im Schädel des Mannes. Das Loch befindet sich auf der rechten Kopfseite im sogenannten Frontallappen und ist rund neun Zentimeter groß. Hatte der Mann eine zuvor erfolgte Gehirn-Operation verschwiegen? Die Krankheitsakte des Mannes spricht jedenfalls dagegen: Der Patient leidet zwar an Grünem Star und war vor über 25 Jahren an einer Gehirnhautentzündung erkrankt. Ansonsten geht es dem Patienten aber gut: Er wirkt nicht verwirrt und fühlt sich gut. Ein Bluttest ergibt keine Auffälligkeiten. Auch kann er normal sehen und sprechen. Über den ungewöhnlichen Fall berichtet Finlay Brown im Fachblatt „BMJ Case Reports„.

Was aber hat es dann mit dem Hohlraum auf sich?

CT Gehirn 2

Die Mediziner mutmaßen, es könnte sich um eine Luftansammlung im Gehirn handeln. Sie wollen die Hypothese überprüfen und lassen MRT-Aufnahmen des Schädels anfertigen. Tatsächlich bestätigt sich ihr Verdacht. Mehr noch: Die Bilder zeigen auch die Ursache der Luftblase – ein gutartiger Knochentumor, der in der Nähe der Nasennebenhöhlen des Mannes wächst. Dieser hatte den Knochen zwischen Nasennebenhöhlen und Gehirn porös werden lassen. Die Folge: Luft gelangte in das Schädelinnere und drückte Teile des Gehirns zusammen. Der Druck der Luftkammer hatte außerdem einen kleinen Schlaganfall ausgelöst, der den Patienten aber nicht weiter beeinträchtigte.

Schwächegefühl verschwindet

Die Ärzte bieten an, den Mann zu operieren und klären ihn über mögliche Risiken und Vorteile des Eingriffs auf. Der Patient lehnt ab. Wegen eines Atemweginfekts muss der Patient noch für einige Zeit im Krankenhaus bleiben, doch kann er das Krankenhaus schließlich verlassen und geht nach Hause, wo ihn seine Frau und seine zwei Söhne bereits erwarten.

Bei einem Folgetermin zwölf Wochen später berichtet der Mann, dass das Schwächegefühl in seiner linken Körperhälfte verschwunden sei.